4. Übergabe-prozess
Der Übergeber hätte sich unter Umständen auch noch länger Zeit gelassen mit der Entscheidung zur Übergabe. Durch die anstehende Heirat und Familiengründung des Übernehmers kam jedoch zusätzlicher Druck auf, der beschleunigend wirkte. Die Übergabe war schlecht vorbereitet, da keine Kommunikation diesbezüglich stattfand.
Die Ehefrau des Übernehmers hatte bei seiner Mutter einen schweren Stand. Lob oder Anerkennung für die enorme Leistung des jungen Übernehmers vor oder nach der Übergabe gab es nie.
Im Vorfeld der Übergabe war der Übernehmer nur eine sehr gute Arbeitskraft. Er hatte keinerlei Einblick in die Wirtschaftlichkeit des Betriebes. Details zum Betrieb wurden vor der Übergabe nicht an den Übernehmer gegeben. Geld verdiente er durch Teilzeitarbeiten für andere Landwirte und ländliche Institutionen. Im Betrieb hatte er Kost und Logie frei. Diesbezüglich wurde er stets mit folgenden Worten vertröstet: “Du bekommst ja irgendwann den Hof!”
Insofern übernahm der Übernehmer mit der Protokollierung der Hofübergabe 1993 eine wirtschaftliche “Black Box”. Bezeichnender Weise wurde die Übergabe in keiner Weise gewürdigt. Nach dem Notartermin fuhr der Übernehmer zurück auf die Baustelle am Hof.
Nach der Übergabe war das Verhältnis zwischen allen Beteiligten nie überschwänglich, aber in Ordnung. Die beiden jüngeren Geschwister des Übernehmers wurden mit Vermögen abgefunden. Alle arrangierten sich. Etwas anderes hätte auch weder Familie noch Betrieb gut getan in der Entwicklung. Der Übernehmer hatte sich bereits vor Übergabe in seine eigene persönliche Richtung entwickelt und ein klares Bild von seinem Zukunftsbetrieb im Bio-Bereich. Rückblickend – auch weil die heutige Situation eine bessere ist, und sowohl Familie als auch Betrieb und Vermögen aufgebaut wurden – war der Hofübergabeprozess zwar schlecht, aber das heutige Ergebnis in Ordnung. Die Situation direkt nach der Übergabe am Hof war jedoch schlecht, und eine wirtschaftliche und menschliche Herausforderung. Die Lehren daraus wurden gezogen. Bereits heute hat der Übernehmer seinen 22-jährigen Sohn in einer operativen Betriebs-Gesellschaft beteiligt, um die kommende Übergabe auf ausgiebiger praktischer und buchhalterischer Kenntnis des Betriebs aufzusetzen.